Emotionale Gesundheit, mentale Stärke, Selbstbewusstsein, Selbstwert:

Als Coaches und Begleitungspersonen ist es uns wichtig, unabhängig von der Thematik oder Problemstellung im Coaching die emotionale Gesundheit und die mentale Stärke unserer Klient:innen zu erhalten und zu erhöhen. Denn emotionale Gesundheit und mentale Stärke sind Voraussetzungen und gleichzeitig Ausdruck eines intakten Selbstwerts und eines gesunden Selbstbewusstseins in Alltag und Beruf. Aber auch für uns Coaches selbst, für unsere Positionierung, für Verhandlungen und Akquise, für kraftvolles und klares Agieren gerade auch in schwierigen Coaching-Momenten in unserer Rolle als Begleitungsperson, ist Selbstbewusstsein wichtig und hilfreich, um gesund und handlungsfähig zu bleiben.

Eine Selbstcoaching-Übung zum Thema «Selbstwert»:

Deshalb möchte ich Euch an dieser Stelle eine Übung vorstellen, die der Stärkung des Selbstwertes und des Selbstbewusstseins dient. Diese Selbstcoaching-Übung nimmt Bezug auf die «Super-Ressourcen», die ich in einem früheren Blog-Beitrag vorgestellt habe. Die Übung besteht aus fünf Schritten, die wir für ein leichteres Behalten beispielsweise an die fünf Finger unserer Hand ankern können.

Schritt 1:

Definiere einen für Dich charakteristischen oder immer wieder erlebten Moment der empfundenen Bedrohung Deines Selbstwerts. Was ist für Dich eine typische Situation, in der Du das Gefühl hast, dass Dein Selbstwert bedroht ist oder bedroht sein könnte?

Schritt 2:

Emotionalen Stress skalieren: auf einer Skala von -10 bis 10. Wie stark ist der emotionale Stress, wenn Du jetzt an diesen Moment denkst? Notiere Dir die Zahl (0 bedeutet neutral, -10 bedeutet das stärkste vorstellbare Unbehagen, +10 bedeutet das höchste Krafterleben).

Schritt 3:

Aktiviere das sogenannte «Selbstwert-Ressourcen-Duo»: Suche die Momente in Deinem Leben, in denen Du die Gefühle von a) «Dankbarkeit»  und b) «Stolz» ganz intensiv erlebt hast. Denke an diese Situationen und aktiviere für jeweils eine Minute Dankbarkeit resp. Stolz in Deinem Körper.

Exkurs: Warum Dankbarkeit und Stolz?

Dankbarkeit:

Dankbarkeit ist eine sehr wirksame emotionale Ressource und stärkt unser Motivfeld «Harmonie und Dankbarkeit». Wir erleben Dankbarkeit, wenn wir etwas von aussen bekommen, was wir als wertvoll empfinden. Dankbarkeit stärkt unseren «passiven Selbstwert»: dass wir uns selbst okay finden, so wie wir sind. Dass wir uns als wertvollen und liebenswerten Menschen ansehen, dass wir uns selbst annehmen und akzeptieren können, so wie wir sind. Dass wir uns auch von anderen angenommen und geliebt fühlen, einfach dadurch, weil wir «sind» wer wir sind (im Gegensatz zum aktiven Tun und Handeln beim Stolz). Dankbarkeit wirkt wie eine Supermedizin auf unseren Organismus, sie erhöht das Wohlbefinden und schützt vor Depressionen und Stress, sie lässt uns geduldiger werden und verbindet uns mit anderen Menschen. Weiteren Studien zufolge senkt Dankbarkeit die Entzündungswerte, aktiviert den Parasympathikus und erhöht damit die Herzratenvariabilität (HRV), Sie erhöht die Lebenszufriedenheit und hängt positiv mit Selbstakzeptanz zusammen. Sie verringert das subjektive Empfinden von Einsamkeit und fördert allgemein prosoziales Handeln.

Stolz:

Stolz stärkt unser Motivfeld «Durchsetzung und Einfluss» und stärkt den sogenannten «aktiven Selbstwert». Aktiver Selbstwert ist gegeben, wenn wir Leistung erbringen, Ziele erreichen, erfolgreich und wirkungsvoll im Alltag sowie im Arbeits- und Berufsleben agieren können. Stolz empfinden wir, wenn wir etwas erreichen, was von uns als gut bewertet wird. Stolz ist Ausdruck meiner beharrlichen Annäherung an meine ideale Ich-Identität («So möchte ich werden»). Stolz hängt mit dem Neurotransmitter Serotonin zusammen, dem eine antidepressive Wirkung zugeschrieben wird. Weiteren Studien zufolge stärkt Stolz die zelluläre Resilienz, vor allem im Kontext sozialer Abwertung, aktiviert den Parasympathikus und erhöht damit auch die Herzratenvariabilität (HRV), steigert den «Grit», fördert die Leistungsmotivation und stärkt die Selbstkontrolle und das Gefühl der Selbstwirksamkeit.

Schritt 3 (Fortsetzung):

Denke also an Momente von Dankbarkeit und Stolz in Deinen Leben, und aktiviere nacheinander für jeweils eine Minute Dankbarkeit resp. Stolz in Deinem Körper. Als Ressourcenzugangshilfe kannst Du die Imagination eines Ressourcenmoments nutzen, indem Du die Fragen für Dankbarkeit («Wofür bin ich dankbar?») und Stolz («Was habe ich durch mein Handeln erreicht, auf das ich stolz bin?») beantwortest. Fokussiere Dich jeweils vollkommen auf das Gefühl von Dankbarkeit bzw. Stolz in Deinem Körper und atme dabei möglichst langsam ein und aus. Bei jedem Atemzug stellst Du Dir vor, wie Du die jeweilige Super-Ressource durch die Nase einatmest und bei der Ausatmung alles herausfliessen lässt, was die Aktivierung der Super-Ressource in diesem Moment stört.

Schritt 4:

Synergie des Selbstwert-Ressourcen-Duos spüren: spüre nun die gemeinsame Energie der beiden Super-Ressourcen für eine Minute in Deinem Körper und beobachte, wie die Synergie von Dankbarkeit und Stolz Deinen Selbstwert nähren. Atme bewusst und langsame weiter und nehme auch hier mit jedem Atemzug die «Super-Ressourcen-Synergie» durch die Nase auf und lasse alles Störende mit der Ausatmung herausfliessen.

Schritt 5:

Erneut skalieren: Kontakt mit der Synergie aus Dankbarkeit und Stolz, denke nun nochmal an die Ausgangssituation und schätze diese erneut auf der Skala des subjektiven Empfindens ein (-10 bis +10). Wiederhole gegebenenfalls die Schritte 3 und 4.

Schluss:

Ich wünsche Dir viel Spass und Inspiration bei der Durchführung der Übung. Vielleicht möchtest Du sie auch im Coaching einmal anwenden? Noch ein wichtiger Hinweis an dieser Stelle: tägliches Wiederholen steigert den Effekt dieser Selbstwert-Übung um ein Vielfaches!

Quellenangaben

  • Emmons, R. A., & McCullough, M. E. (2003). Counting blessings versus burdens: An experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life. Journal of Personality and Social Psychology, 84(2), 377- 389. https://doi.org/10.1037/0022-3514.84.2.377
  • Duckworth, Angela: GRIT – die neue Formel zum Erfolg. Bertelsmann-Verlag Gütersloh (2017)
  • Langwara, Ruben; Eilert, Dirk: Die Kraft unserer Emotionen. Resilient und stressfrei mit Mesource. Junfermann-Verlag Paderborn (2022)

Der Autor

Roger Marquardt

Name: Roger Marquardt

Beruf: Selbständiger Coach, Betrieblicher Mentor, Begleitperson, Lehrtrainer, Therapeut

Website: roger-marquardt.com

Motto: «Erkenne Dich selbst. Werde der Du bist.»

Ausbildner in: Zertifikat Coach, Diplom Mental Coach, Prüfungsvorbereitung Eidg. FA Betriebliche:r Mentor:in

Seit 2005 ist Roger mit Leidenschaft und Begeisterung Emotions-Coach und hat sich auf die Anwendung moderner, integrativer und effektiver Kurzzeit-Methoden im Coaching spezialisiert. Vor seiner Karriere als selbständiger Coach, Berater und Trainer hat er erfolgreich ein Studium der Sozialpädagogik absolviert. Es folgten verschiedene Fortbildungen in Methoden der Persönlichkeitsentwicklung. Roger ist mehrfach zertifizierter Ausbildner, Coach und Lehrtrainer.