Was sind Glaubenssätze?
Glaubenssätze (auch Überzeugungen, Kognitionen oder Beliefs genannt) sind, wie der Name sagt, Sätze die ich glaube – was ich über mich denke, über andere Menschen, was ich über das Leben denke und wie es funktioniert, und was ich über «den Rest der Welt» denke… Kein Mensch kann ohne Glaubenssätze sein, denn sie geben uns Halt und Orientierung. Sie sind verallgemeinerte Lebenserfahrungen und Prägungen, die wir im Laufe unseres Erwachsenwerdens sammeln. Und wenn wir Dinge einmal, zweimal, dreimal so erlebt haben, dann sind sie nun mal so, dann glaube ich, dass die Welt genau so ist und genau so funktioniert.
Sind Glaubenssätze gut oder schlecht?
Es gibt hilfreiche Glaubenssätze (Ich bin ein guter Mensch, ich bin ein liebenswerter Mensch, es lohnt sich Ziele erreichen zu wollen), es gibt aber auch blockierende und «dysfunktionale» Glaubenssätze (Ich bin ein Versager, die Welt ist schlecht, alle Menschen sind Egoisten, Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, Geld stinkt…) die uns das Leben schwer machen können. Schliesslich gibt es die sehr bekannten «5 Antreiber» (sei perfekt, sei nett, streng Dich an, sei stark, beeil Dich), die mir sehr oft im Coaching bei erschöpften und Burnout gefährdeten Klienten begegnen. Auch hinter diesen Antreiber-Glaubenssätzen stecken biografische Gegebenheiten, die diese Person und ihr Verhalten geprägt haben. Derart überhöhte Ansprüche an sich selbst und an andere Menschen sind in der Regel nie gänzlich erreichbar, und der Versuch dies dennoch zu erreichen, kostet sehr viel Energie.
Die «Irrglaubenssätze» nach Albert Ellis
Albert Ellis, ein prominenter Vertreter der kognitiven Verhaltenstherapie und Entwickler des REVT-Ansatzes, spricht von sogenannten «Irrglaubenssätzen», die wir Menschen als überhöhte und unangemessene Leistungsansprüche an uns selbst, an unsere Mitmenschen und ans Leben allgemein entwickeln können. Nach Ellis werden emotionale Störungen (also intensive oder lang anhaltende negative Gefühle, die zu dysfunktionalen Verhaltensweisen führen) durch in einer bestimmten Situation aktivierte irrationale Glaubenssätze, Überzeugungen oder Bewertungsmuster bedingt. Als irrational bezeichnet er Überzeugungen, die antiempirisch, unlogisch, die eigenen Lebensziele sabotierend, rigide und extrem sind. Diese irrationalen Überzeugungen führen dann zu ungesunden negativen Emotionen wie Angst, Depressionen, Wut, Schuldgefühlen, Scham, Gekränkt-Sein, ungesunder Eifersucht und ungesundem Neid. Rationale Überzeugungen hingegen führen zu Emotionen und Verhaltensweisen, die in der Regel ebenfalls unangenehm, aber zielführend und hilfreich sind, wie Besorgnis, Trauer, Verdruss, Bedauern, Enttäuschung, gesunde Eifersucht und gesunder Neid – zu ‚gesunden negativen Emotionen‘, die uns motivieren, zu ändern, was änderbar ist, und zu akzeptieren, was unveränderbar ist, dabei aber neue positive Erfahrungen zu suchen. Beispiele für Irrglaubenssätze nach Ellis sind:
- Es ist für mich absolut notwendig, von praktisch jeder anderen Person in meinem Umfeld geliebt oder anerkannt zu werden.
- Ich darf mich nur dann als wertvoll empfinden, wenn ich in jeder Hinsicht kompetent, tüchtig und leistungsfähig bin.
- Es ist schrecklich und katastrophal, wenn die Dinge nicht so sind, wie ich sie gerne haben möchte.
- Ich muss ständig auf der Hut sein und mir Sorgen machen, da Gefahren jederzeit eintreten können.
- Meine Vergangenheit hat entscheidenden Einfluss auf mein gegenwärtiges Verhalten. Etwas, was sich früher einmal auf mein Leben auswirkte, wird dies auch weiterhin tun.
- Für jedes menschliche Problem gibt es eine absolut richtige, perfekte Lösung. Es ist eine Katastrophe, wenn ich diese nicht finde.
Was tun? Der «Disput» nach Albert Ellis
Ellis schlägt in seinem REVT-Ansatz vor, diese «irrationalen» inneren Einstellungen «rational» zu hinterfragen (zu «disputieren), um zu neuen, förderlichen und zielführenden Überzeugungen zu gelangen. Etwa indem wir hinterfragen, ob die in einem (Irr-)Glaubenssatz transportierte Botschaft tatsächlich wahr oder hilfreich ist. Oder indem wir «Disputationsfragen» stellen, die zu förderlichem Denken führen: Müssen Sie wirklich immer perfekt sein und immer alles unter Kontrolle haben? Müssen Sie für Ihre Leistungen wirklich immer die Ihnen gebührende Anerkennung und Wertschätzung bekommen? Muss es in der Welt wirklich immer gerecht zugehen? Müssen Sie das, was Sie wollen wirklich immer schnell und leicht erreichen? etc. Weitere Möglichkeiten der Veränderungsarbeit sieht Ellis darin,
- die Dinge neu zu rahmen (= Reframing)
- das Muss-Denken zu relativieren (= Ich entscheide statt Ich muss)
- Verallgemeinerungen und Generalisierungen aufzulösen (= Ausnahmen suchen)
- die Frustrationstoleranz zu steigern (= die Bereitschaft steigern Unangenehmes auszuhalten)
- das Schwarz-Weiss- bzw. das Katastrophendenken zu relativieren (= auch wenn dies oder das passiert, wird es realistischerweise keine Katastrophe geben).
Das sind hilfreiche und spannende Ansätze, die uns und unsere Klient/innen auf der Suche nach gesunden und hilfreichen, «rationalen» und zielführenden Glaubenssätzen unterstützen können.
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Quellenangaben:
– Ellis, Albert: Humanistic Psychotherapy. The rational-emotive approach. New York 1973
– Ellis, Albert; Schwartz, Dieter; Jacobi, Petra: Coach dich. Rationales Effektivitätstraining zur Überwindung emotionaler Blockaden. Würzburg 2004
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Der Autor
Name: Roger Marquardt
Beruf: Coach, Begleitperson, Lehrtrainer, Therapeut
Website: roger-marquardt.com
Motto: «Erkenne Dich selbst. Werde der Du bist.»
Ausbildner in: Zertifikat Coach, Diplom Mental Coach, Begleitung zur Fachprüfung, emTrace®
Seit 2005 ist Roger mit Leidenschaft und Begeisterung Emotions-Coach und hat sich auf die Anwendung moderner, integrativer und effektiver Kurzzeit-Methoden im Coaching spezialisiert. Vor seiner Karriere als selbständiger Coach, Berater und Trainer hat er erfolgreich ein Studium der Sozialpädagogik absolviert. Es folgten verschiedene Fortbildungen in Methoden der Persönlichkeitsentwicklung und eine Ausbildung zum NLP Master. Roger ist mehrfach zertifizierter Ausbildner, Coach und Lehrtrainer.