Musik umgibt uns überall, sei’s im Büro, im Kaufhaus, im Restaurant, im Warteraum einer Praxis und, und, und – überall werden wir von Musik förmlich „berieselt. Doch wie bewusst nutzen wir sie als Motivationsträger? Wie nachhaltig setzen wir sie gezielt ein, um unseren Antrieb zu aktivieren oder die Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu halten?

Musik – Ein soziales Konstrukt?

Musik ist rhythmisch und beim gemeinsamen Musizieren dienen diese Rhythmen der Synchronisation von Menschen. Das heisst, wenn wir miteinander musizieren, machen wir ähnliche Dinge, lassen uns über die Rhythmik aufeinander ein und hören aufeinander. Wenn wir einen Rhythmus zusammen produzieren wollen, ist es unabdingbar sich aufeinander zu beziehen, zu hören was der Andere macht und entsprechend zu handeln. Wir werden aus unserer Reserve gelockt, sei dies durch unsere emotionalen Konditionierungen, durch die Euphorie etwas Neues zu erlernen, mittels Wiederholung und dem Üben sich selbst zu verbessern, durch die beflügelnde soziale Gruppendynamik oder auch dadurch, dass Musik unsere Ängste herunterregelt.

Schon einmal aufgefallen, dass in allen Kulturen bei kleinen Kindern, die sich ängstigen und weinen ein Lied vorgesungen wird um sie zu besänftigen…

Musik – Wo im Gehirn entsteht Musik?

So hart es nun für alle Musikfans auch klingen mag bei Musik handelt es sich nur um Schwingungen in der Luft – Luftmoleküle «wackeln». Unser Aussenohr dient als Trichter, der die Schwingungen ins Innenohr leitet. Bevor jedoch die „wackelnden“ Luftmoleküle ins Innenohr gelangen, treffen sie auf das Trommelfell (ein kleines Häutchen), dies gelangt ebenfalls in Schwingung, als auch die daran im Innenohr befestigten Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel), welche die Vibration noch verstärken und schlussendlich an unsere Gehörschnecke (ein komplexes Konstrukt mit Hohlräumen, gefüllt mit Flüssigkeiten und Sinneszellen) weiterleiten. In dieser Gehörschnecke wird sagen wir es einmal vereinfacht manuelle Energie = die Schwallwellen in elektrische Energie umgewandelt (Sinneshäarchen in der Gehörschnecke). Am Ende dieser Sinneshäarchen führen Nervenfasern weg zu unseren Hörbahnen, welche ins Gehirn führen (Hörzentrum, primär auditorischer Cortex, obere Grenze des Schläfenlappens). Wer jetzt jedoch denkt, das war schon alles, hat weit gefehlt! Wir haben kein Musikzentrum in unserem Gehirn, Musik ist zu vielfältig. Musik hat Rhythmus und spricht daher unser mototisches System an, Musik hat Klang und Harmonie was unser Hörzentrum anspricht. Musik hat Melodie, fast im Sinne von Sprache, deshalb spricht sie auch unsere Sprachzentren an. Und die emotionale Qualität der Musik ist nicht zu vergessen, welche unsere Erinnerungen aktiviert und unser Denken lenkt.

Musik im Fokus der Neurowissenschaft

Intensiv mit der heilenden Kraft der Musik setzt sich der studierte Instrumentalmusiker, psychologe und Neurowissenschaftler Prof. Stefan Kölsch auseinander. Seit 2015 ist er als Professor mit dem Spitzenforscher-Programm an der Universität Bergen/Norwegen tätig und schildert seine Forschungsergebnisse im Buch «Good Vibes, 2019», wie Musik gezielt bei Kranhkeitsbildern wie Schlaganfall, Alzheimer-Demenz, Parkinson, Autismus, chronische Schmerzen, Abhängigkeitsprolemen, Depressionen als auch bei nicht organisch bedingten Schlafstörungen vermehrt zum Einsatz kommt. Bei Demenzpatienten helfen zum Beispiel bekannte Lieder alte Erinnerungen erneut zu wecken.

Was passiert im Körper, wenn wir Musik hören? Auch hierbei wird das Belohnungssystem unseres Gehirns aktiviert und die uns bereits so bekannten Glückshormone Dopamin und Oxytocin werden ausgeschüttet.

Jede Emotion hat über die ihr zugrunde liegenden Prozesse nicht nur Auswirkungen in unserem Gehirn sondern aktiviert auch im hormonellen Bereich einen ganz spezifischen «Chemiecocktail» und zu jeder unserer Emotionen werden diese chemischen Mischungen abgespeichert. Dem nicht genug, unser Körper gewöhnt sich an ständig wiederkehrende Emotionen, Gedanken und deren chemische Grundmischungen. Ja mit der Zeit wird er  sogar regelrecht abhängig davon! Diese Mischung ist unsere innere Homöostase und vermittelt uns das vertraute Gefühl, wie wir uns fühlen. Unser Nervensystem, wie auch unser Immunsystem wird davon beeinflusst. Auch hier können wir gezielt mit Musik unsere positiven Emotionen fördern, denn jedes Mal, wenn wir lachen oder erfreut sind, entsteht ein biochemisches Feuerwerk, das unsere Gesundheit positiv fördern kann. Auch in Krisensituationen können wir über Musik unterstützend die Phasen mit ihren spezifischen Stimmungen durchleben, einen Ausgleich schaffen sowie auch den Stress reduzieren. Wir müssen dies nicht bewusst gestalten, die Musik findet den Weg über unser Gehör in unser Gehirn, setzt dort unser wichtigstes Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems, den Hypothalamus in Aktion und unser Körper wird geflutet mit Botenstoffen und Hormonen. Ja, unsere Angstzentrum (Amygdala, Mandelkern) wird durch schöne Musik sprichwörtlich «abgeschalten»… und nicht zu vergessen, dass unser Körper auch über Vibrationen die Musik aufnehmen kann….

Mit Singen zum persönlichen Glück

In einer geleiteten Studie von Prof. Gunter Kreutz (2013 in Köln) konnte folgendes nachgewiesen werden: Nach drei Monaten wöchentlich abgehaltenen Chorproben wurde aus zuvor sich selbst als unglücklich bezeichneten Menschen gut gelaunte Personen. Dies konnte mittels des deutlich angestiegenen Oxytocinspiegels verifiziert werden. Oxytocin das auch bekannte «Kuschelhormon», hat einen allgemein stresslindernden Effekt und fördert unser Wohlbefinden. Prof. Gunter Kreutz konnte in einer weiteren Forschungsarbeit an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (2004) zusätzlich nachweisen, dass Singen auch einen Booster für unser Immunsystem ist. Aus den Speichelproben der Chorsänger ergab sich auch ein signifikanter Anstieg des Immunglobulins A (ein Antikörper unserer Schleimhäute, welcher in unserer Mundfloora Krankheitserreger bekämpft).

Ausgleich zwischen Anspannung und Entspannung

Wie Musik auf unser endokrines System wirkt also auf alle Organe und Gewebe welche Hormone produzieren, wurde vor allem anhand eines unserer Stresshromone, das Cortisol (körpereigen) untersucht. Aktivierende Musik führt eher zu einem Anstieg und entspannende Musik eher zu einer Senkung unseres Cortisolspiegels.

Die ehemalige Leiterin des Forschungsprogramms für MusikMedizin an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg und Vizepräsidentin der Internationalen Gesellschaft für MusikMedizin in New York Vera Brandes nutzt die Musikanwendung auf Basis körpereigener Regulationsmechanismen als Schwerpunkt ihrer Arbeit – dazu später mehr.

Musik als Medikament?

Vera Brandes erforscht Musikanwendungen auf Basis körpereigener Regulationsmechanismen. Sie sieht Musik als «Medikament» und setzt diese gezielt bei PatientenInnen ein. Sie und ihr Team entwickelten eine „chronobiologisch (der inneren Uhr entsprechend) basierte (mittels einem Fragebogen), musikfokussierte auditive Stimulationsmethode“ mit einem zusätzlichen Audiosystem zur Behandlung von Schlafstörungen. Nicht nur die Natur auch der menschliche Organismus folgt in seinen Abläufen bestimmten Zyklen. Anhand von Zeitreihenanalysen lasse sich beobachten, wie sich der Ablauf der organischen Funktionen verändere, wenn man Musik hört und ob es zu einer verbesserten Organleistung kommt oder nicht. Sprich kurz auf den Punkt gebracht: Die Rhythmen der Musik übertragen sich auf unseren Organismus, wobei sich die Körperrhythmen auch untereinander synchronisieren – es herrscht erneut Harmonie und Balance im Körper. Gute Erfolge sind in der Behandlung von Depressionen erzeugt worden, sogar die Herzfrequenzvariabilität (HRV), ein Indikator für den Schweregrad der Depression, verbesserte sich deutlich. Hinter diesem «Musikmedikament» steckt viel Arbeit, denn die Musik ist individuell auf den/die PatientenIn abgestimmt. Musik ist gemäss Vera Brandes «Nahrung für unser Nervensystem»!

«Musik ist die Stenografie des Gefühls» – Leo Tolstoi

Einmal mehr, können wir mit diesen Erkenntnissen gezielt Ansätze in unseren Alltag integrieren. Wir haben es selbst in der Hand, mit welcher Musik wir durch’s Leben schreiten und können unseren Geist und unsere Körper gezielt in die Aktivierung oder in die Regulation leiten. Ich erlebe es in meiner Praxis immer wieder, dass Menschen mir bezüglich ihrer Ressourcenaktivierung auch in Krisensituationen folgende Äusserung machen: «Mit diesem Lied, weiss ich es kommt gut, dieses Lied gibt mir Kraft…» – dann schauen wir doch einmal für welche unserer Lebensphasen welche Musik steht oder mit welchem Lied, mit welchem Musikstil wir künftig an unseren Zielen arbeiten möchten…

Quellenangaben:
– Die heilende Kraft der Musik“, Prof. Stefan Kölsch, Ulstein Buchverlag, 4. Auflage, Ersterscheinung 2019

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Der Autor

Nicole Studler

Name: Nicole Studler

Beruf: Naturheilpraktikerin Schwerpunkt Hypnosetherapie

Website: hypnomed.ch

Motto: «In dir muss brennen, was du in anderen willst entzünden» Aurelius Augustinus

Ausbildner in: Diplom Life Balance Coach

Es kommt nicht darauf an wie viel du tust, sondern mit wieviel Liebe, Passion und Humor du etwas tust! Die Essenz als Begleiterin von Menschen sieht Nicole Studler darin, die Selbstliebe erneut zu finden. Die Rückbindung an sich selbst, stabilisiert und weckt ungeahnte Kräfte in uns, egal wie schwierig und desperat sich die Lebenssituation gerade darstellen mag. Ein weiteres Potential sieht sie in der Klarheit und Bewusstseinsschaffung für das eigene Wertesystem: Wer seine Werte kennt und lebt erhöht seine Handlungskompetenz. Das Leben ist eine Bühne –Wer die Rollenvielfalt der eigenen Persönlichkeit intus hat, kann sie gezielt als Ressourcenpotential für seine mentale Kraft nutzen. Seit 10 Jahren ist Nicole als Naturheilpraktikerin, wie auch als Erwachsenenbilderin tätig. Ihr Ziel ist es als Ausbildner in ihren Teilnehmern die Faszination für die Wandelbarkeit, die Vernetzung und das Miteinander von Naturheilkunde und Schulmedizin zu wecken.