Ist Disziplin ein Schlüssel zu Glück und Erfolg? Nicht alle Menschen jubeln, wenn sie das Wort «Disziplin» hören oder lesen – warum eigentlich? Vielleicht liegt es daran, dass das Wort zwei ganz verschiedene Bedeutungen aufweist.
Definitionen von Disziplin
Im Duden hat das Wort Disziplin zwei Bedeutungen. Auf der einen Seite steht Disziplin für: «das Einhalten von bestimmten Vorschriften, vorgeschriebenen Verhaltensregeln; das Sich einfügen in die Ordnung einer Gruppe, oder einer Gemeinschaft». Auf diese Bedeutung, möchte ich hier im Blog jedoch nicht eingehen. Die andere Bedeutung lautet: «das Beherrschen des eigenen Willens, der eigenen Gefühle und Neigungen, um etwas zu erreichen». Die zweite Bedeutung finde ich nicht nur spannend, sie stellt für mich die Basis von Erfolg und Glücklichsein dar.
Betrachten wir zuerst die verschiedenen Wörter und Bedeutungen etwas genauer. Als Wille, können wir «das Entwickeln von Gedanken in die Realität durch Handlungen bezeichnen». Gefühle entstehen durch «das bewusste oder unbewusste Wahrnehmen von Ereignissen oder Situationen». Neigungen stehen für «persönliche Vorlieben». Disziplin bedeutet, all diese Bereiche «zu beherrschen», wobei mir persönlich die Wörter steuern oder regulieren viel besser gefallen.
Sigmund Freud, das «Teufelchen» und das «Engelchen»
Wer kennt sie nicht, die beiden Gegenspieler auf den eigenen Schultern – links sitzt das Teufelchen, rechts nimmt das Engelchen Platz. An einem Tag unterstützen sie uns, an anderen, behindern sie uns im Innen, sowie im Aussen.
Schon Sigmund Freud hatte in seinem Instanzen Modell den beiden Gegenspielern eine Instanz zugeteilt. Das ES ist das Teufelchen, die erste Instanz. Es enthält unbewusste Impulse des Sexual- und Aggressionstriebes. Es will sofortige Triebbefriedigung und maximalen Lustgewinn = Lustprinzip. Das ÜBER-ICH ist das Engelchen, die dritte Instanz. Es repräsentiert moralische Verbote und Gebote = Moralitätsprinzip. Das ICH, ist das Ich, die zweite Instanz. Es umfasst bewusste Funktionen wie Wahrnehmung und Denken. Diese dienen der Realitätsanpassung = Realitätsprinzip. Das ICH muss zwischen dem ES der Realität und dem ÜBER-ICH abwägen.
Für mich ist das Modell von Freud weder komplett noch allgemein gültig. Es ist ein Wegweiser, eine Möglichkeit, Menschen aufzuzeigen, was in ihnen meist unbewusst abläuft – die beiden Gegenspieler, diskutieren zum Beispiel ganz einfach um ein Thema herum. Wir können auch andere Modelle wie, das innere Team, von Schultz von Thun, oder die Transaktionsanalyse von Eric Berne nehmen, es sind immer Wegweiser, die auf etwas hinweisen. Sie weisen ganz konkret auf verschiedene Anteile in unserem Innenleben hin.
Eine Meta-Perspektive
Wenn wir das Modell von Freud und vom Engelchen und Teufelchen aus einer Meta-Perspektive betrachten, können wir davon ausgehen, dass das ICH der/die Entscheider/in ist. Persönlich spreche ich bei meinen Klienten/innen in Settings immer gerne vom Chef, vom DU, vom Beobachter oder vom Wahren Selbst, wie es auch Buddha nannte. Somit ist also das ICH die Person, welche den Willen, die Gefühle und die Neigungen beherrschen, steuern oder regulieren kann.
Nun, wie machst du das in deinem Leben? Entscheidest du bewusst und diszipliniert über deinen Willen, deine Gefühle und deine Neigungen? Wenn nein oder nicht immer: geht es dir wie den allermeisten Menschen – sie beherrschen die verschiedenen Bereiche wenig bis selten. Was dann im Innen des Menschen abläuft ist bekannt – ein ewiges hin und her bei den «Gegenspielern», keine Chance innert nützlicher Zeit eine Entscheidung zu treffen, man fängt etwas an und hört schnell wieder damit auf.
Gibt es ein Modell oder Technik für den Alltag?
Was kann ein Modell oder eine Technik sein, welche dir im Alltag konkret hilft, deinen Willen, deine Gefühle und deine Neigungen zu steuern? Nach meiner persönlichen Erfahrung und vielen Settings in Zusammenhang mit der Disziplin ist der schnellste und auch nachhaltigste Ansatz, sich die drei Instanzen bewusst zu machen.
Das heisst, dem Teufelchen, das sagt: «Das musst nun sofort so gemacht werden», einfach zuzuhören, zu beobachten und nicht zu (be)-urteilen. Dann auch dem Engelchen zuhören welches sagt: «Oh, wir haben noch viel Zeit, alles passt». Zuhören und beobachten genügt, eine Beurteilung ist nicht nötig. Wenn das ICH, du als Chef/in genau zuhörst wirst du feststellen, da ist das Teufelchen, da ist das Engelchen und hier bin ICH. Was macht dann das ICH? Es entscheidet ganz einfach, es steuert und reguliert den Willen, die Gefühle und die Neigungen. Der Grund: Weil das «ICH» ganz einfach der/die Chef/in ist. Wir können auch sagen, dass dir bewusst wird, dass du nicht das Engelchen oder das Teufelchen bist. Dir wird bewusst: «I am the boss».
Ohne Disziplin kein Preis
Ich werde dann oft gefragt: «Was, so einfach geht das?» Meine Antwort lautet: «Ja, aber…» Du musst für eine gewisse Zeit, die Zeitspanne ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, das Zuhören und das Beobachten ohne die Bewertung der beiden Gegenspieler trainieren, es regelmässig machen. Da du der Chef / die Chefin bist, kannst du jetzt entscheiden. Probiere es ganz einfach aus, du wirst überrascht sein, was sich plötzlich in deinem Innenleben verändert. Da die Aussenwelt ein Spiegel deiner Innenwelt ist, überträgt sich die Veränderung dann schnell vom Innen ins Aussen.
Was ist dein persönlicher Nutzen
Zum Beispiel, dass du kleine und grosse Entscheidungen sehr einfach und schnell fällen kannst. Vielleicht sitzt du einfach nur da und fühlst dich gut und glücklich. Oder das ständige und ewige «ich muss», oder «ich darf nicht», in deinem Kopf hört auf. Das ist Lebensqualität, so werden Menschen wirklich erfolgreich, zufrieden und glücklich. Darum arbeite ich als Begleitungsperson zusammen mit meinen Klienten/innen immer auch an der Disziplin.
Was machst du als Chef/Chefin heute?
Quellenangaben:
– Disziplin, duden.de. 06/22
– Sigmund Freud: Das Ich und das Es. 1923. In: Studienausgabe. Band 3: Psychologie des Unbewussten. Fischer, Frankfurt/M. 1975
– Schulz von Thun, das innere Team
– Eric Berne, Transaktionsanalyse
– Buddha, Anatta
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Der Autor
Name: Pjorin Jenny
Beruf: Betrieblicher Mentor, Business Coach, Autogener Trainer
Website: mental4you.ch, ap-consulting.ch
Motto: «Leben im Jetzt – mit Freude und Dankbarkeit seinen Weg gehen»
Ausbildner in: Zertifikat Coach, Business Coach, Mental Coach, Autogenes Training, Begleitung zur Fachprüfung
Als Betrieblicher Mentor, Coach, Trainer, Betriebswirtschafter und Burnout-Berater unterstützt Alexander Pjorin Jenny Kunden:innen im beruflichen, wie auch privaten Umfeld. Dabei begegnen ihm sehr viele Menschen, welche kleine und grosse Herausforderungen im Bereich der Disziplin haben. Bei seinen Begleitungen verfolgt er einen ganzheitlichen Ansatz. Er ist aus eigener Erfahrung und unzähligen Begleitungen zum Thema Disziplin davon überzeugt, dass für einen nachhaltigen Erfolg bei einem Menschen verschiedene Ebenen einbezogen werden müssen. Er spricht dabei von der kognitiven, der emotionalen und der physischen Ebene eines Menschen. Der Fokus seiner Arbeit liegt bei der Verbindung aller drei Ebenen, also dem Denken, den Emotionen und dem physischen Körper. Nur so kann nachhaltig eine Veränderung, beziehungsweise eine Heilung eintreten. Sein Ansatz ist sehr praxisorientiert und einfach in das Alltagsleben integrierbar.