Modelle zur Strukturierung von Coachingprozessen

Vor ziemlich genau 20 Jahren habe ich meine ersten Coaching- und Beratungsprozesse geleitet. Im Laufe der Jahre konnte ich viele Methoden und Modelle kennenlernen, die dabei helfen sollen, die wesentlichen Schritte, Phasen und Elemente von Lernen, Entwicklung und Veränderung im Rahmen von Begleitungen (Coaching, Training, Therapie, Beratung) erfassen und strukturieren zu können – um am Ende erfolgreiche Prozesse im Sinne der Kunden und ihrer Ziele führen zu können.

Dabei erstaunte und erstaunt es mich immer wieder, dass mir die vermeintlich ‚einfachen‘ oder gar ‚selbstverständlichen‘ Konzepte ganz viel geholfen haben. Modelle, die auf den ersten Blick sehr einfach erscheinen, aber ein grosses Potential in sich bergen, wenn man den tieferen Sinn verstanden hat und sie im Coaching bewusst und konsequent ein- und umsetzt. Eines davon ist das von Robert Dilts – einem der Urväter und Mitbegründer des NLP – im Jahre 1987 entwickelte «SCORE-Modell der Veränderung» (vgl. Dilts 2000).

Das SCORE-Modell für Veränderung, oder: fünf Elemente, die in keinem Deiner Coachings fehlen sollten.

Das SCORE-Modell ist eine von Dilts entworfene Struktur, welche zu einer besseren Prozess- und Zielführung im Coaching leiten soll. Es ist ein in der heutigen Coachingwelt sehr oft eingesetztes Modell, welches zur Orientierung in professionellen Begleitungsprozessen dient: das Modell stellt eine übergeordnete systematische Hilfe und Unterstützung für Veränderungsprozesse dar. Verwendet werden kann das Format für den ganzen Prozess der Begleitung, aber auch zur Fokussierung auf Auftragsklärung, Zielfindung, Interventionsvorbereitung und Problemlösung. Es identifiziert jedenfalls die wichtigsten Komponenten, die nötig sind, um über jede gewünschte Veränderung genügend Informationen zu haben und diese Veränderung effektiv zu organisieren.

Die Buchstaben

SCORE steht dabei als Akronym für: Symptom, Cause, Outcome, Resource und Effect.

Mit Hilfe gezielter Fragen zu diesen fünf Begriffen erhalten wir die nötigen Informationen und Erkenntnisse.

Symptom = Ist-Zustand (Gegenwart)

Frage: Wie geht es Dir? Wo stehst Du heute? Was ist Dein Problem, Deine Herausforderung?

Hier fragen wir nach den bewussten und aktuellen Aspekten eines sich darstellenden Problemzustandes.

Cause = Ursache (Vergangenheit)

Frage: Was ist der Grund? Was hältst Du für die Ursache(n) Deines Problems?

Hier fragen wir den Kunden nach dem Ursprung oder der Ausgangslage seines Problems, und damit auch nach der These oder subjektiven Theorie der Entstehung. Der vom Kunden angenommene oder gewählte ‚Grund‘ des Problems ist ein ‚Konstrukt‘: es gibt Aufschluss darüber, wem oder was die Macht und Verantwortung für das Entstehen oder Aufrechterhalten eines Symptoms oder Problems gegeben wird. Hier kann vielleicht auch schon der Ansatz einer Veränderungsstrategie erkannt und herausgearbeitet werden.

Outcome = Ziel (Zukunft)

Frage: Was möchtest Du erreichen? Was ist Dein Ziel?

Hier geht es um den angestrebten Zielzustand, den der Kunde anstelle des gegenwärtigen Problemzustandes erleben möchte. Hier fragen wir nach konkreten und positiv formulierten, mit unseren Sinnen wahrnehmbaren Qualitäten. Hierzu gibt es wiederum verschiedene Modelle der Zielbestimmung (SMART, SPEZI, etc.), die dem Kunden helfen, sein Ziel wohlgeformt und gehirngerecht zu definieren. Im Idealfall sieht sich der Kunde von aussen, wie er sein Ziel erreicht hat. Er sieht sein Ziel-Ich im Zielbild und beschreibt, wie seine Mimik und Gestik, seine Gefühlslage und sein Verhalten bei erreichtem Ziel im betreffenden Kontext (Heimatsystem) sichtbar sind.

Resource = Ressourcen

Frage: Was brauchst Du dafür? Welche Unterstützung hättest Du gern? Was könnte Dir weiterhelfen?

Je nach Wahl der Ursache können unterschiedliche Ansatzpunkte, Methoden oder Ressourcen gesucht und gefunden werden, mit deren Hilfe das Ziel erreicht werden kann. Ressourcen können in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft aktiviert werden. Hier kann auch ausgewählt werden, welche Coaching-Interventionen hilfreich und zielführend sind, das heisst wie und wo welche Ressourcen hier und jetzt (im Beratungssystem) erarbeitet und ‚eingefüllt‘ werden können.

Effect = Vision / Meta-Ziel (Zukunft)

Frage: Wie wird es sein, wenn Du dein Ziel erreicht hast? Was ist das Ziel hinter dem Ziel? Wie wird Dein Umfeld reagieren?

Hier geht es um die langfristige Wirkung, um die Folgen nach dem Erreichen eines Zieles. Hier wird ‚Bilanz‘ gezogen, der potenzielle Gewinn oder Verlust erfragt, der mit dem Erreichen des Zieles einhergeht, und es werden auch mögliche Reaktionen des Umfelds antizipiert. Effekte liegen weiter in der Zukunft und sind oft stärker und massgeblicher als das Ziel selbst – positive Effekte sind Grund und Motivation, ein Ziel ganz stark erreichen zu wollen, negative Effekte können Widerstand hervorrufen oder die Zielerreichung blockieren.

Mein Fazit

Nach meiner Erfahrung liefert oft allein schon das systematische und detaillierte Arbeiten mit dem SCORE Modell wertvolle Erkenntnisse und erste Lösungsansätze, und das ohne ein «echtes Coaching-Veränderungs-Format» durchgeführt zu haben. Denn mit den Elementen dieser Struktur kommen bereits zentrale Wirkfaktoren zur Entfaltung, über deren Wesen und Bedeutung ich an anderer Stelle geschrieben habe.

Ich habe hier bewusst auf Beispiele aus der Praxis verzichtet. Wenn Du möchtest: führe diese Struktur mal für Dich selbst und Deine Themen durch, oder arbeite in einem Deiner nächsten Coachings mit dem SCORE-Modell. Ich wünsche Dir viel Freude und Erfolg damit!

Quellenangaben:

– Baumeler, Megha (2009): Handbuch zur Ausbildung «Wahrnehmung & Kommunikation». NLP-Practitioner mit Herz und Verstand. NLP-Akademie Schweiz, Pfungen-Winterthur (CH)
– Dilts, Robert; DeLozier, Julia (2000): Encyclopedia of Systemic Neuro-Linguistic Programming and NLP New Coding. NLP University Press, Seaside (Oregon USA).
Landsiedel, Stephan (online, Zugriff am 07.12.2022)

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Der Autor

Roger Marquardt

Name: Roger Marquardt

Beruf: Coach, Begleitperson, Lehrtrainer, Therapeut

Website: roger-marquardt.com

Motto: «Erkenne Dich selbst. Werde der Du bist.»

Ausbildner in: Zertifikat CoachDiplom Mental CoachBegleitung zur FachprüfungemTrace®

Seit 2005 ist Roger mit Leidenschaft und Begeisterung Emotions-Coach und hat sich auf die Anwendung moderner, integrativer und effektiver Kurzzeit-Methoden im Coaching spezialisiert. Vor seiner Karriere als selbständiger Coach, Berater und Trainer hat er erfolgreich ein Studium der Sozialpädagogik absolviert. Es folgten verschiedene Fortbildungen in Methoden der Persönlichkeitsentwicklung und eine Ausbildung zum NLP Master. Roger ist mehrfach zertifizierter Ausbildner, Coach und Lehrtrainer.